Artgerechte Menschenhaltung

Will man Kaninchen artgerecht halten, sollte man 3 m2 Platz pro Tier einrechnen. In einem 15 m2 grossen Käfig, dürfte man demnach maximal 5 Kaninchen halten. Es gibt Menschen auf dieser Erde, die in engeren Verhältnissen leben müssen, als die Kaninchen bei uns. Wir müssen aber nicht einmal unsere wohlständigen Breitengrade verlassen, wenn wir das Thema artgerechte Menschenhaltung aufgreifen möchten. Auch wir pflegen kein artgerechtes Dasein. Unsere Zivilisations- und Wohlstandskrankheiten untermauern dies eindrücklich.

 

Der Mensch früher und heute

 

Seit Millionen von Jahren menschelt es auf der Erde. Evolutionstechnisch besitzt der heutige Mensch im Wesentlichen immer noch dieselben Eigenschaften wie unsere Vorfahren von damals. Während die Eigenschaften stabil blieben, veränderte sich das Verhalten des Menschen jedoch stark.

 

Unsere Vorfahren legten beispielsweise täglich etliche Kilometer zu Fuss zurück. Das menschliche Verhalten war natürlich und artgerecht: Man sammelte, jagte, wurde gejagt, ass und ruhte sich in der Gemeinschaft aus.

 

Die Bewegungen und Anforderungen auf einer solchen Jagt verlangten Koordination, Konzentration und Kondition gleichzeitig. Beim Sammeln vom Boden bis hin zum Klettern auf Bäumen, wurde der Körper vielseitig gefordert. Ganz zu schweigen vom Schleppen der Ernte oder zerlegen des Wildes ohne Maschinen. Wurden unsere Vorfahren selber zu den Gejagten, rannten sie um ihr Leben - Adrenalin pur. Sprints kennen wir heute fast nur noch, wenn der Bus vor der Nase abzufahren droht und Adrenalin begegnen wir beim Bungee Jumping oder Fallschirmspringen.   

 

Heute bewegt man sich meist auf Rädern durchs Leben, benutzt Rolltreppen und Lifte. Wir nutzen Kühlschränke, bestellen Pizza beim Lieferservice oder trinken Wasser direkt ab dem Hahn. Natürlich, die Meisten von uns haben einen fordernden Job und einen Alltag der uns auf Trab hält. Schliesslich muss ja auch jemand die bestellte Pizza ausliefern. Nichts desto trotz gehen immer mehr Menschen einer sitzenden Tätigkeit nach. Unsere Arbeiten bewerkstelligen wir oftmals mit Hilfe von Computern oder anderen Maschinen. Diejenigen unter uns, die körperlich arbeiten, müssen dies oft auf eine Weise tun, die den Körper einseitig belastet, überfordert und abnutzt. So gesehen bei Bauarbeiter, Landwirten bis hin zu Zügelmännern.

 

Abgesehen von der täglichen Aktivität, unterscheiden wir uns zu den Vorfahren auch stark beim Essverhalten.  In unseren reichen Ländern gibt es Essen im Überschuss. Mussten unsere Vorfahren vor dem Essen immer hart arbeiten, essen wir heutzutage vor dem Arbeiten, während dem Arbeiten, nachdem Arbeiten….eigentlich essen wir immer und überall. Und wenn wir nicht essen, haben wir ein Kaugummi oder Bonbon im Mund. Die eingenommenen Kalorien stehen in vielen Fällen in schlechtem Verhältnis zu den Aktivitäten. Früher haben sich die Menschen viel bewegt und wenig gegessen – heute bewegen wir uns wenig und essen viel.

 

Wie man sieht, hat unser Lebensstil nicht mehr viel mit artgerechtem Dasein zu tun. Zumindest bei einigen von uns.

 

 

Der Mensch, die Maschine

 

Der menschlichen Evolutionsgeschichte von fünf Millionen Jahren stehen nur wenige Jahrhunderte technologischer Zivilisation gegenüber. Die ersten Maschinen und Werkzeuge, die von Menschen erfunden wurden, vereinfachten das Leben und stärkten die Gesundheit. Sie nahmen unseren Vorfahren knüppelharte, körperverschleissende Arbeiten ab und waren von unschätzbarem Wert für unser Fortbestehen.

 

Mittlerweilen erfinden wir Maschinen, die hauptsächlich für mehr Leistung, mehr Tempo, mehr Fortschritt, mehr Kapital und beschleunigtes Handeln stehen – nicht um uns vor negativem Verschleiss zu schützen. Die Welt wird stets rasanter und es gibt immer mehr Menschen, die mit diesem radikalen Tempo psychisch und körperlich nicht mehr Schritt halten können.

 

In dichtbesiedelten Städten, wie zum Beispiel Genf, leben über 11‘000 Einwohner pro km2. Wir leben und arbeiten auf engstem Raum mit Anderen. Trotzdem fühlen sich viele von uns einsam und allein. Das ist gleichermassen kurios und traurig, wie nachvollziehbar. Schätzungen zufolge leidet, in unseren Breitengraden, jeder vierte Mitmensch unter psychischen Problemen wie Depression oder Burn-out Symptom.

 

Nebst den psychischen Zivilisationskrankheiten, bringt unser modernes Leben und nicht zuletzt auch der Wohlstand, aber auch eine ganze Reihe körperlicher Beschwerden mit sich: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht, um nur einige zu nennen. Diese Krankheiten sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen in unseren Breitengraden an erster Stelle der Todesursachen überhaupt.

 

Der Teufelskreis geht weiter. Wir halten uns heutzutage nicht ansatzweise artgerecht und geben diesen Lebensstil an die nächste Generation weiter. Statistiken zufolge ist jedes 5te Kind in Zentraleuropa zu dick (im Sinne der Gesundheitsaspekte) und dementsprechend stärker gefährdet, später an den Zivilisationskrankheiten zu erkranken.

 

 

Raus aus dem Teufelskreis

 

Dieser Blog hat nicht den Anspruch, das Rad neu zu erfinden. Wir alle wissen instinktiv, was es für ein artgerechtereDasein brauchen würde. Trotzdem erliegen wir – oder zumindest einige von uns – nur allzu oft den Verlockungen der modernen Welt. Diese Verlockungen machen uns bequem und schlapp, verweichlichen uns, bringen unsere Glückshormone durcheinander und konfrontieren uns mit Illusionen.

 

Hin und wieder ein bisschen den Steinzeitmenschen in uns wecken, würde wahre Wunder bewirken. Würden wir stärker zu Herzen nehmen, was unser Körper und Geist im Grunde von uns verlangt und fordert, müssten wir uns nicht mit solch tragischen Statistiken über Krankheitsgeschichten herumschlagen. Alles was wir dazu wissen müssen, ist eigentlich in uns programmiert und der Körper und Geist schreit danach. Wir haben nur verlernt, die Signale zu erkennen und umzusetzen. Ein gutes Beispiel finden wir im Thema Geschmacksnerven: Durch übermässigen Konsum von künstlich erzeugten Lebensmittel, bevorzugen einige Mitmenschen heutzutage künstlicher Geschmack vor dem Natürlichen. Wusstet ihr, dass zum Beispiel in Amerika zigtausend Menschen leben, die noch nie in ihrem Leben einen Apfel gegessen haben?

 

Schauen wir uns gewisse Naturvölker zur heutigen Zeit an, die praktisch ohne Zivilisationskrankheiten leben – inklusive Krebskrankheiten – dann sollte dies als Motivation genügen, einen kleinen Schritt in die Richtung artgerechtes Dasein zu machen.

 

 

Ein paar Gedanken zur Umsetzung

 

Psyche:

Unser Arbeitsalltag ist stressig und hektisch. Alle 1-2 Stunden eine Runde um den Block spazieren oder fünf Minuten Dehn- und Entspannungsübungen machen, bewirkt schon viel. Einmal abgesehen davon, dass unsere Gefässe nicht für das lange Sitzen geeignet sind, tut unserer Psyche eine kurze Auszeit einfach richtig gut.

 

Ausserdem tut es der Produktivität in keiner Weise einen Abbruch – das Gegenteil ist der Fall. Wenn man darüber hinaus dann auch noch weiss, mit Ernährungs-Themen wie Kohlenhydrat-Timing umzugehen, wird die Produktivität sowieso nie Grund zur Klage geben.

 

Unser stressiger Arbeitsalltag ist trotz solcher Massnahmen nicht artgerecht. Setzen wir uns dann abends noch stundenlang vor die Glotze, mit der felsenfesten Überzeugung, dass wir dabei ja so gut abschalten können – verhöhnen wir unsere Psyche gleich weiter.  Gerade Tätigkeiten wie TV schauen oder PC Games spielen, fordern und stressen unser Hirn und damit auch die Psyche, auf höchst ungünstige Art und Weise.

 

Eine viel artgerechtere Möglichkeit, den Tag ausklingen zu lassen und sich vom Arbeitsalltag zu erholen, wäre der Besuch im Sportverein, Waldspaziergänge, Gartenarbeit oder das entspannende  Gespräch bei einem Glas Wein, bei dem man sich Sorgen von der Seele spricht.  Auch ein gutes Buch, bei dem die Gedanken freien Lauf kriegen, ist viel entspannender als die hektische TV Welt. Oder wie wäre es mit anderweitiger Kreativität? Malen, musizieren, basteln oder nähen – den Möglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt und was immer wieder auffällt: Wenn Menschen die Flimmerkiste weniger flimmern lassen, beobachten sie plötzlich, wie viel mehr Zeit sie pro Tag doch eigentlich haben. 

 

Bewegung:

Sport ist Mord. Tatsächlich sterben bei sportlichen Anstrengungen selten mal Menschen an Erschöpfung oder Überlastung. Bewegungsmangel ist dabei aber bei Weitem der grössere Risikofaktor und Killer.

 

Bei sportlichen Aktivitäten, rund ums Thema Gesundheit, geht es nicht zwingend um Rekorde oder Bestleistungen. Viel mehr kann schon eine aktivere Tagesgestaltung zum artgerechterenDasein beitragen: Ausgedehnte Spaziergänge durch idyllische Gegenden haben bereits einen äusserst positiven Effekt auf den Körper und die Psyche.

 

Auch wenn wir beispielsweise hin und wieder auf den Lift verzichten und die Treppe nehmen, wenn wir öfters auf elektronischen Firlefanz verzichten, vom elektrische Korkenzieher bis hin zur batteriebetriebenen Pfeffermühle, wenn wir im Büro den Verhandlungspartner aufsuchen anstatt ihm hinterher zu telefonieren, wenn wir zu Fuss oder mit dem Velo einkaufen gehen, anstatt mit dem Auto - die Möglichkeiten für ein aktiveres Leben sind unbegrenzt und die meisten von uns verlieren dabei keine wertvollen Minuten. Höchstens Zeit die sonst vor dem Fernseher verplempert wird.

 

Wir wachsen am Wiederstand. Es schadet nichts, unseren vom Wohlstand verwöhnten Körper wieder aktiver zu fordern.  Das stärkt unser Herz-Kreislauf System, hält uns jung, gesund und einfach unbeschwert fit & schlank.

 

Ernährung:

Unser Essen wird bestimmt durch Geschmacksverstärker, Fast Food und künstlichem Essen. Kein Wunder, muss in unserer Gesellschaft doch immer alles so schnell gehen. Für alles haben wir Zeit, nur für unseren Körper investieren wir oftmals wenig davon.

 

Jede Mahlzeit die in die Richtung von möglichst naturbelassen geht, ist ein Gewinn für Körper und Geist. Man ist, was man isst: Fleisch, Fisch, Kräuter, Gemüse, Obst, Reis, Kartoffeln, Milchprodukte. Fast alles, was nicht grossartig von Menschenhand verändert oder hergestellt wird, ist für unseren Körper eine gute Nährstoffquelle. Es gibt hier sicherlich ein paar Ausnahmen – aber selbstverständlich geht man in eine gute Richtung, auf die Karte naturbelassen zu setzen, will man artgerechter leben.

 

 

Die Menge macht das Gift

 

Wie im Blog-Artikel „Der innere Schweinehund“ beschrieben, ist es meist nicht förderlich, von heute auf morgen das gesamte Ess- und Bewegungsverhalten umzukrempeln. Viel mehr kann man sich Schritt für Schritt verbessern. Jeder einzelne Schritt setzt den Motor der Hebelwirkung mehr und mehr in Gang. Hormone werden freigesetzt, unnötiger Ballast und Schadstoffe werden vom Körper ausgeschieden, wir reinigen uns, die Geschmacksnerven werden regeneriert und vieles mehr. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich möglichst artgerecht zu halten, nur so kann Mensch sich in voller Blüte entfalten. Es liegt auf der Hand, dass ein freier, gesunder, geforderter aber nicht überforderter Mensch ein artgerechteres Dasein pflegen kann.

 

Wir müssen nicht unser gesamtes Leben radikal auf den Kopf stellen. Die moderne Welt bietet uns eine Reihe von Vorteilen. Ebenso der Wohlstand. Geniessen wir ihn auf sinnvolle Weise. Unsere Generationen können tatsächlich etwas haben, was vor uns nicht so einfach möglich war: Wir können „s Weggli und de Batze“ haben…  leider haben aber viele von uns verlernt, das „Weggli“ in sinnvollem Masse zu geniessen. Holen wir uns dieses Gespür wieder zurück.

 

 

Diskutiert mit uns mit – was habt ihr für Tipps und Tricks für ein artgerechteres Dasein?

 

 

 

Viel Erfolg wünscht

 

Roger vom UFS Team

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Photo Credit: <a href="http://www.flickr.com/photos/54191388@N00/3870006964/">HckySo</a> via <a href="http://compfight.com">Compfight</a> <a href="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/">cc</a>

 

 

 

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